Es kann der frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt... oder so ähnlich. Gut, jetzt kann bestimmt jeder sein Lied aus seinem eigenen Erfahrungsschatz singen und damit bilden wir einen großen Chor.
Wer sich jedoch mitunter über seine rücksichslose Nachbarschaft aufregt, sollte wissen, dass (a) selten etwas besseres nachkommt, und (b) in jedem Mehrfamilienhaus/in jeder Straße genau eine Familie lebt, für die die allgemeingültigen Regeln auf gute Nachbarschaft nicht gelten. Sie üben laute Instrumente während der Ruhezeiten und/oder Sonntag morgens um acht(!), sie trampeln gröhlend durchs Treppenhaus (die Kinder), werfen Türen mit Karacho zu (die ganze Familie) und berufen sich darauf, dass Kinder 24 Stunden, 7 Tage die Woche Krach machen dürfen. In einem Mehrfamilienhaus muss man damit leben. Zum Vergleich: ein Hund darf maximal 1/2 Stunde bellen. In einem Mehrfamilienhaus muss man schließlich auf die Nachbarn Rücksicht nehmen.
Trotzdem: solch eine Familie ist besser, als neu eingezogene Nachbarn, von denen man wochentags tagsüber nichts, aber auch gar nichts hört, und man sich schon sorgt, ob sie noch am Leben sind, oder ob das Kistenschleppen nicht doch zu viel war, aber wahlweise nachts um elf und/oder Sonntagmittag beginnen, die neu gestellten Möbel wieder zu verrücken und wie wild zu hämmern. Weiß man doch, dass sich das Kindertrampel-Geschrei-Gejohle-Problem irgendwann in ferner Zukunft von selbst löst. Kein Teenager steht Sonntag-morgens freiwillig auf. Und so lange er schläft, lässt man ihn besser seinen wohlverdienten Schlaf der Seeligen schlafen. Hören Sie etwas? Sehen Sie.
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Ist diese Konstruktion nicht der helle Wahnsinn? |
Richtig schön wird die Aussicht, wenn Familie Flodder nebenan wohnt. Erst glaubt man, die Deutschlandfahne weht nur zur WM-/EM-Zeit, doch weit gefehlt: mittlerweile weht das ausgebleichte Ding ganzjährig. Dafür wird der Balkon durch eine dekorative Kartonage verziert, deren Funktion völlig im Dunkeln liegt. Oft werden Balkone nur als Outdoor-Gerümpelkammer missbraucht. Eigentlich schade. Da können die Nachbarn nur hoffen, dass die Bäume bald wieder Laub bekommen.
Dann gibt es noch diese Spezies, die sich darüber beschwert, dass im Winter Schnee liegt, aber selbst das ganze Jahr selbst nie etwas macht. Weder Eis und Schnee räumen, noch den selbst produzierten und in der ganzen Nachbarschaft verteilten Bauschutt wegräumen. Dann gibt es noch die neugierigen Tratschen, die sich in ihrer Küche sogar Spiegel installieren, damit sie beim mittäglichen Kochen bequem die ganze Straße überblicken können. Sollte man nun einmal zufällig ein Alibi benötigen, kann die Nachbarin bestimmt Auskunft darüber geben, wann man nach Hause gekommen ist.
Hach, wie nett waren dann doch die Bewohner der beschaulichen Wisteria Lane, die gleichzeitig beste Freunde und Freundinnen waren. Schade, dass die Serie vorbei ist, bot sie doch allwöchentlich einen Ausflug in eine kleine, heile Nachbarschaftswelt. Neue Nachbarn wurden ebenso neugierig wie liebevoll mit flott selbstgebackenen Kuchen, Brötchen und Muffins begüßt, in einem Henkelkorb mit roter Schleife. Warum ist die reale Welt keine Seifenoper?